Die aktuellen politischen Entscheidungen rund um die Kürzung der Fördermittel für den Deutschen Übersetzerfonds sowie die Neuerungen durch das Gerichtsdolmetschergesetz werfen Fragen auf, die weit über die beruflichen Herausforderungen einzelner Personen hinausgehen. Dieser Beitrag beleuchtet die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Sprach- und Kulturlandschaft Deutschlands, auf die berufliche Situation von Fachpersonen im Bereich Übersetzung und Dolmetschen sowie auf die gesellschaftliche Bedeutung ihrer Arbeit.
Beeidigungen nur noch befristet
Die geplante Kürzung des Deutschen Übersetzerfonds und weiterer Bundeskulturfonds durch die Bundesregierung wird tiefgreifende Folgen für die Kultur- und Sprachlandschaft Deutschlands haben. Die Halbierung dieser Fördermittel bedroht insbesondere die Existenzgrundlage zahlreicher Personen, die als Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen tätig sind und bereits mit einem ohnehin prekären Marktumfeld konfrontiert werden. Dies wird umso gravierender durch das im Jahr 2023 verabschiedete Gerichtsdolmetschergesetz (GDolmG), welches die Rahmenbedingungen für die Zulassung von Dolmetschenden verschärft und damit die ohnehin belastete Situation weiter zuspitzt.
Das Gerichtsdolmetschergesetz sieht unter anderem vor, dass Dolmetschende künftig nur noch auf Zeit beeidigt werden – eine Regelung, die bislang nur in Nordrhein-Westfalen galt. Nach § 7 des Gesetzes endet die allgemeine Beeidigung nunmehr nach fünf Jahren und kann auf Antrag um jeweils weitere fünf Jahre verlängert werden. Dies stellt für Dolmetschende eine erhebliche Hürde dar, da die allgemeine Beeidigung eine zentrale Voraussetzung für die Tätigkeit vor Gericht darstellt. Ohne diese Zulassung ist es Dolmetschenden nicht gestattet, bei Gerichtsverhandlungen tätig zu werden, was ihre berufliche Existenz unmittelbar gefährdet. Dass diese Einschränkungen nicht für Übersetzer*innen gelten, wirft die Frage auf, ob das Gesetz in seiner derzeitigen Form die besonderen Anforderungen und Herausforderungen des Dolmetschens ausreichend berücksichtigt.
Wir von ReSartus setzen uns intensiv mit den Auswirkungen der Gesetzesänderungen auf die Berufe des Dolmetschens und der Übersetzung auseinander und warnen davor, dass die Kombination aus Kürzungen der Fördermittel und restriktiveren Gesetzgebungen zu einem akuten Fachkräftemangel führen wird. Fachpersonen in diesen Bereichen nehmen eine Schlüsselrolle in einer kulturell und sprachlich vielfältigen Gesellschaft wie Deutschland ein. Sie sind unverzichtbar, um Kommunikation und Verständigung in einem Land zu gewährleisten, das aufgrund seiner Migrationserfahrungen und internationalen Verflechtungen auf ein hohes Maß an sprachlicher Vermittlung angewiesen ist. Eine eingeschränkte Zulassung, die den Zugang zu diesen Berufen erschwert, wird dazu führen, dass erfahrene Fachkräfte, die jahrelang wertvolle Arbeit geleistet haben, ihre berufliche Tätigkeit nicht mehr fortsetzen können. Dies betrifft vor allem Personen, die in seltenen oder wenig verbreiteten Sprachen dolmetschen und übersetzen, deren Fachwissen und Erfahrung jedoch unverzichtbar sind. Insbesondere ältere Kollegen und diejenigen, die in diesem Bereich in Teilzeit arbeiten, erwägen nun zunehmend, die Branche zu verlassen, nachdem sie ihre Beeidigung verloren haben. Darüber hinaus ist für jede Sprache eine eigene Prüfung erforderlich, dazu kommen die Prüfungsgebühren. Dies kann dazu führen, dass Dolmetschende, die derzeit für eine ganze Reihe verwandter Sprachen vereidigt sind, ihre Beeidigung für ihre weniger häufig benötigten Sprachen nicht verlängern, da sich der Aufwand für deren Aufrechterhaltung nicht mehr lohnt.
Es ist nicht zu unterschätzen, welche Folgen dies auch für die Justiz haben könnte. Die Rolle von Dolmetschenden in Gerichtsverhandlungen ist essenziell, um eine faire und gerechte Rechtsprechung sicherzustellen. Ohne qualifizierte Fachpersonen, die über die notwendigen rechtlichen und sprachlichen Kompetenzen verfügen, drohen Missverständnisse und Fehlentscheidungen, die die Glaubwürdigkeit des Justizsystems untergraben können. Vor diesem Hintergrund ist es bedenklich, dass das Gerichtsdolmetschergesetz die Rahmenbedingungen für Dolmetschende weiter einschränkt, anstatt sie zu stärken. Es stellt sich die Frage, ob die befristete Beeidigung der Rolle und Bedeutung von Dolmetschenden in der Justiz gerecht wird und ob die Regelungen ausreichend flexibel sind, um den verschiedenen Anforderungen und Spezialisierungen innerhalb der Dolmetschertätigkeit gerecht zu werden.
Sparhaushalt auch beim Deutschen Übersetzerfond
Die geplanten Kürzungen des Übersetzerfonds verschärfen diese Problematik zusätzlich, indem sie eine ohnehin wenig finanzierte Branche noch weiter unter Druck setzen. Der Markt allein trägt die Arbeit von Übersetzer*innen und Dolmetschenden nur unzureichend, da die Honorare oft nicht die umfangreiche Ausbildung und das notwendige Fachwissen widerspiegeln, die diese Berufe erfordern. Gerade in einem internationalen Wirtschafts- und Kulturland wie Deutschland, das auf den Austausch mit anderen Ländern und Kulturen angewiesen ist, spielt die sprachliche Vermittlung eine zentrale Rolle. Übersetzer*innen und Dolmetschende ermöglichen nicht nur die Verständigung, sondern tragen auch wesentlich zur kulturellen Vielfalt und dem literarischen Austausch bei. Der Deutsche Übersetzerfonds unterstützt diese Arbeit, indem er Projekte und Werke fördert, die ohne diese Mittel nicht realisierbar wären. Eine Halbierung der Fördermittel würde viele Fachpersonen in eine prekäre Lage bringen und die kulturelle Landschaft verarmen lassen.
Die Pläne der Bundesregierung, den Bundeskulturfonds und insbesondere den Deutschen Übersetzerfonds zu kürzen, zeigen eine besorgniserregende Entwicklung, die eine grundlegende Säule der sprachlichen und kulturellen Vermittlung gefährdet. In Kombination mit dem Gerichtsdolmetschergesetz droht dies, die Existenz vieler Fachpersonen in diesen Bereichen zu gefährden und den Fachkräftemangel weiter zu verschärfen. Die gesellschaftlichen und kulturellen Folgen wären weitreichend und könnten langfristig die Position Deutschlands als kulturell vielfältiges und offenes Land unterminieren. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, sind eine Neubewertung der Kürzungspläne sowie eine Überarbeitung der gesetzlichen Regelungen dringend erforderlich. Nur so kann gewährleistet werden, dass qualifizierte Fachkräfte auch weiterhin ihre wichtige Arbeit leisten können und die kulturelle Vielfalt des Landes bewahrt bleibt.